Donnerstag, 12. Juni 2008

Triviale Europe /die Fabrikanten,Linz


heute 17.00 Uhr in derLaden in CH.7250 Klosters, Landstrasse 211.

Der Film dokumentiert das Projekt "Botschaft Europa", in dem mit Stirnlampen ausgerüstete Künstler, Lehrer, Geschäftsleute u.a.m. im Schutze der Dunkelheit in die Hinterzimmer ihrer Stadt (Thessaloniki, Novi Sad, Linz, Essen, Liverpool) lotsen und zeigen, welche Schauplätze und Nebenschauplätze ihnen persönlich am Herzen liegen.



Mittwoch, 11. Juni 2008

der Blick von Aussen


Diejenigen, die im Tal geboren sind, sehen die Berggipfel nicht. Sie sehen den Boden, den sie bearbeiten, und sehen selten die Ebene, wo sie die Produkte ihrer Arbeit tauschen. Selten schauen sie in die Ebene, weil diese meistens vernebelt ist.“ schreibt Villém Flusser und vergleicht seine innere Landkarte von einem Tal mit den tatsächlichen Gegebenheiten von Tälern. Es sind Orte der Bewegung, in denen das Wasser talabwärts fliesst und Propheten talaufwärts auf Gipfel steigen um ihren Erkenntnissen ein kleines Stück näher zu sein. Fortschritt und Entwicklungen finden sich in den Ebenen und von dort laufen sie bergauf und bleiben in den Tälern haften, dort werden sie zu Traditionen.
„Für die Kommunikationsforschung sind Täler Orte, in denen der Diskurs der Ebene zum Dialog wird.“ und so sind sie für Flusser Orte für Dichter und Denker. Die Tradition hat sich gehalten, die neuen Entwicklungen schwappen ab und an herauf aus dem Tal.

Peter Trachsel hat sich mit diehasena vor längerem im Prättigau eingenistet und reagiert mit dem Projekt „14 Räume für die Kunst oder wenn es dunkel wird im Tal“ auf eine verkehrstechnische Änderung, die die Nichtorte des Tales - wer sich in der Bewegung aufwärts oder abwärts befindet, möchte nicht verweilen – zu Nichtorten der Welt werden lassen. Um den Verkehr sich ungehindert auf die Gipfel oder in die Ebenen bewegen zu lassen, wird er aus den Dörfern herausgelöst und so entstehen zwei Welten – ein fliessende und eine stehende. Die Bewegung vollzieht sich schnell im Dunkeln, das Leben kann langsam und ungestört seinen Verlauf im Hellen nehmen. So können die Philosophen zügig zu ihren Erkenntnissen auf die Gipfel ziehen und oder wieder den Innovationen der Ebenen zuwandern. Peter Trachsel sucht diese Welten zusammenzubringen, indem er in den vom Verkehr bald verlassenen Orten nach Räumen sucht, die er Menschen aus der Ebene zur Verfügung stellt, Kulturschaffenden, die über längere Zeit den Fluss bergauf und bergab betrachten und im Leben im Tal den Dialog suchen können.

„Worauf werden wir warten, wenn wir nicht mehr warten müssen um anzukommen?“ fragt sich Paul Virillo, ein Philosoph der Ebene. „Schon unser gegenwärtiges Reisen ist kaum mehr als das Warten auf die Ankunft – was wird es sein, wenn selbst diese kurze Wartezeit entfällt?“ Während wir die Orte der Welt zu austauschbaren Plätzen mit anderen Namen werden lassen, gibt es sie noch, die Räume, die sich die Zeit nehmen das Wogen zu betrachten. Die „14 Räume für die Kunst“ bringen die Welten wieder zusammen und lassen Ideen den Raum um ins Fliessen zu kommen. Dann können die vagabundierenden Philosophen verweilen, um erhellende Momente an stillen Plätzen zu erleben, an denen der Verkehr der menschlichen Bewegung ungehindert vorbei fliesst.

Pfyn, 6.April 2008 Alex Meszmer

Gedanken zum Vorgehen

Das Umherschweifen ist eine Bewegungsart, die sich durch ihre Ziel- und Planlosigkeit, durch ihre Verachtung aus­getretener Pfade, ihren Verzicht auf alle bisherigen Bewegungs- und Handlungsmotive den funktionalisierten Zwang-­Strukturen der Stadt (des Dorfes/der Gemeinde pt.) entzieht, ja diese zweckentfremdet. Mit der Methode des Umherschweifens soll die Stadt (das Dorf/die Gemeinde pt.) als Erfahrungs- und Erlebnisraum ausgelotet und auf ihre Möglichkeiten zur Konstruktion von Situationen befragt werden.

aus: arch+ 183 2007
derLaden in CH-7250 Klosters = Drehpunkt des Projekts.

Ein ungewöhnliches Museum im Prättigau: ungewöhnlich die Verteilung seiner vierzehn Räume auf die vierzehn Gemeinden des Tals, ungewöhnlich vor allem, dass darin nicht ein abgeschlossenes Werk präsentiert wird, sondern work in progress, Kunst in ihrem Entstehen.
Die einzelnen Räume, die von je einer Künstlerin oder einem Künstler über Jahre hinweg betreut werden, sind als vernetzte Plätze im Kontext eines kontinuierlichen Forschens angelegt, in dem sich das Werk in Bewegung als Teil der sich ständig verändernden materiellen Welt begreift. Dabei beziehen die einzelnen KünstlerInnen das Publikum in ihren Arbeitsprozess ein, der sich interaktiv, dialogisch versteht und keinesfalls als die Aktivität eines einzelnen Menschen zu sehen ist. Die vierzehn Räume werden damit zu Orten visualisierter Kommunikation, zu einem Teil des Tals als Ganzem.
Peter Trachsels Initiativen haben in der Zeit ihres Bestehens einen erstaunlichen Rückhalt in der ländlichen Bevölkerung gefunden. Sie haben Ideen und Wahrnehmungen, die andernorts nur in elitären Zirkeln von Spezialisten diskutiert werden, unter Bauern, Handwerker und andere nicht spezifisch kunstorientierte Menschen gebracht.
Für Durchreisende dürften die vierzehn Räume eine Motivation schaffen, die Umfahrungen zu verlassen und zu Er-Fahrenden in einem Tal zu werden, das mehr ist als nur ein Zwischenraum auf dem Weg südwärts. Wer die Entwicklung des Werks über eine längere Zeit begleiten will, plant für seine Fahrten künftig vielleicht eine Prättigauer Pause ein.

Wesentlich zur Uebersicht beitragen wird der Knotenpunkt des Projekts, ein Laden, der vorerst ab 31. Mai für fünf Monate in der Galerie Tuchamid in Klosters betrieben wird. Je ein Meisterwerk der beteiligten KünstlerInnen, Bücher und CDs, Begegnungen, Gespräche, Wanderungen mit den teilgebenden KünstlerInnen und bekannten Kunst- und Kulturschaffenden, Wandzeichnungen und Wandmalereien für das Zuhause, gestaltende Eingriffe in Haus und Garten, kommunikative Projekte, Scarnuz Grischun, Weine, Postkarten, Teppiche und Böden bietet der Laden an, man trifft sich jeden Donnerstag zum Film, sporadisch zu Lesungen, jeden letzten Dienstag des Monats zu einem wunderbaren Essen.
Der Laden ist auf einen Zeitraum von mindestens sechs Jahren angelegt, könnte als Drehscheibe jedes Jahr in einer anderen Gemeinde stationiert sein oder seine Bleibe im Passagenhaus Dalvazza finden.